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Kurzgeschichten

Der Kuss

Er rennt um sein Leben. Er hatte sich so auf diesen Abend gefreut und jetzt rennt er um sein Leben. Jeder seiner Schritte schmerzt, jedoch rennt er weiter in der Hoffnung, weiter leben zu dürfen.
Er rennt durch die Nacht, während das Blut seine Kleidung Rot färbt. Als er an diesem Abend die Bar betrat, war die Nacht noch vielversprechend und wild. Nicht sein Blut, sondern Bier floss in Strömen. Es wurde gelacht, gesungen, dies alles war, bevor er blutend durch die Nacht rennt.
Wie jeden Freitag zieht er durch die Bars, auf der Suche nach einer schnellen Nummer. Wie ein Jäger geht er jedes Wochenende auf die Jagt. Parfümiert versucht er seinen Lockstoff in die Nacht zu verbreiten, seine Spendierhose sitzt wie jedes Wochenende extrem locker. Sein ganzes Leben ist darauf ausgerichtet, dem anderen Geschlecht zu gefallen. Viermal in der Woche geht er zum Sport, sein Kleiderschrank beherbergt die prachtvollsten Klamotten. Sein Geld steckt er in seinen Sportwagen, sein Leben ist auf, jagt ausgerichtet. Seine Zähne sind weißer als die eines Haies. Frauen sind für ihn nur eine Kerbe.
Als es um sein Leben rennt, geht er den Abend im Kopf durch. Was hatte er falsch gemacht? Warum tat sie es? Sie war so schön und zierlich. Er ist doch nur ein Mann.
Sie war die bittersüße Verführung. Sie war so schön, doch jetzt muss er sterben, das Leben verlässt seinen Körper, je weiter er rennt. Ihr Geruch war so süß wie ihr Äußeres. Warum? Schwebt ihm wie ein letztes Echo immer wieder durch den Kopf. Seine teuren Klamotten sind Blut durchtränkt, seine Haut ist blass. Er wollte sie als Trophäe, er wollte ihren Körper.
Bald ist er tot. Seine Blutspur ist lesbar wie ein offenes Buch. Die Erschöpfung zwingt ihn zu Boden, der Blutverlust schwächt ihn, ihm wird immer schwärzer vor Augen. In der Ferne sieht er die Lichter der Zivilisation. Die Rettung ist unendlich weit entfernt. Nur noch der Kuss des Todes kann ihn erlösen.
In dieser Nacht wollte er jagen, aber in dieser Nacht wurde er zum Gejagten.
Er schaut hinter sich und erkennt eine zierliche Silhouette. Es ist der Tod, es ist die Jägerin. Verschwommen nimmt er sie wahr. Er spürt einen Druck in der Brust und einen Kuss, bevor er stirbt.
Sein lebloser Körper wird drei Tage, nachdem er getötet wurde, entdeckt. Sein Körper wurde ausgestopft, dass Einzige, was auf den Täter hinweist, ist der Kuss-Fleck auf seiner Wange.

Weidmannsheil.

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Prosa

Verlorene Sieger

Sie wollen marschieren, wie ihre Vorfahren, sie wollen von dem Kelch trinken, den es nie gegeben hat.
Blut für Wein. Sie laben sich an der Gewalt wie hungernde an einem Laib Brot. Lassen Bomben fallen und liebliche Stimmen verstummen. Sie lächeln beim Verkaufen ihrer Waffen, während andere die Kugeln entfernen und ihnen nichts weiter bleibt, außer zu weinen, bis die Augen vertrocknen. Schritt für Schritt in Richtung Feuer, begleitet von den Todesreitern, die ihre Fahne in den Himmel halten, laufen sie wie Lemminge über die Klippen der Welt, nur um nicht daraus zu lernen, dass es in der Natur der Lemminge liegt, sich freiwillig in den Tod zu stürzen.

Der individuelle Geist wird zum Kampf gezwungen, auf dass er nicht von der Masse absorbiert wird. Die Selbstdarstellung wird zur Selbstverteidigung nicht denken, aber umso mehr sein. Sie denken nicht an diejenigen, die in Ketten nach dem Leben schmachten, stattdessen spucken sie mit voller Überzeugung auf die Freiheit.

Sie lieben die jagt und hassen die Vernunft. Mit ihren teuren Stiefeln treten sie nach der freien Kultur und am Abend gibt es feinstes Fleisch.

Keine Zahl der Welt kann ein Menschenleben bemessen, für Euch jedoch sind wir null wert.

Marschiere Kind, marschiere, schreit der alte, vernarbte Mann, während er sein Gewehr poliert, denn das saubere Töten ist das respektvolle Töten, predigt er, als er nach der Flasche greift. Sein Schaukelstuhl knarrt, während die Jugend stirbt.

Marschieren in den Tod! Marschiere! Sie glauben Kriege zu gewinnen, jedoch sind ihre Seelen schon längst verloren. Wie totes verdorbenes Fleisch liegen die Seelen auf den Schlachtfeldern, das einst mal ihr Zuhause war, und verrotten vor sich hin. Auf das ihre Ideologie sterben mag, wie die Opfer, die sie eingefordert hat. Aber solang der alte Mann sein Gewehr noch poliert, wird die Jugend in den Kampf ziehen. Solang man den Hass weitergibt, gibt man die Zukunft auf.

Sie denken, sie wären Sieger. NEIN, sie sind Verlierer. Sie verloren sich bereits vor dem großen Schlachten.

Altruismus ist kein Traum.

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Kurzgeschichten

Fenster

Ich schaue aus dem Fenster in die Nacht. Nur die Laternen und die Straßen.
Sterne hell wie Glühwürmchen erinnern uns daran, wie winzig wir doch sind.
Baumkronen tanzen im warmen Nachtwind. Insekten fliegen aufgeregt um das Licht der Laternen.
Die Hektik vom Tage verstummt in der schwarzen Nacht. Vom Zwielicht fehlt jede Spur. Es riecht nach Teer und Erde. Die Wärme der Sonne ist noch auf den Straßen spürbar. Die Vögel schlafen ihren wohlverdienten Schlaf.
Eine einsame Katze geht auf Patrouille und flitzt auf leichten Pfoten durch die Lichtkegel der Laternen.
Sie und die Nacht und nur der große gelbe Mond wissen, was geschieht. Er wacht über uns. Er wacht über alle.

In der Nacht fängt das Denken an. Sprich zu mir, du süße Stille. Verrate mir die Geheimnisse der Nacht. Während mir die Sonne am Tag ins Gesicht schlägt, lächelt der Mond mich in der Nacht an.
Wer meint, die Nacht sei still und leise, der hört nicht hin. Sie singt uns ein Lied, das Lied der Stille. Nur dort, wo es Licht gibt, kann es auch Schatten geben.
In der Nacht sehen die Augen am schärfsten. Schatten sehe ich nicht.
Der Tag ruft, die Nacht, singt und ich bleibe ihr stiller Zuhörer.
Während ich diese Sätze ohne Struktur aneinanderreihe, ist es Nacht. Wenn ich träume, ist es Nacht. Selbst die Toten leben in der Nacht. Am Tag dienst du deinen Heeren, in der Nacht dienst du dir selbst. Das Laute wird stumm und das Stumme wird laut, aber man muss genau hinhören, sonst hört man den Zauber nicht.

Hast du Angst in der Nacht? Fürchte dich mehr vor dem Licht als vor den Wesen der Nacht. In der Nacht wird Geschichte gemacht.
Die schönsten Kunstwerke entstanden in der Nacht.
Ich atme dich ein und sauge die Atmosphäre auf.
Ich weiß, dass ich nachts nicht alleine bin, die Nacht ist freundlich. Die Nacht ist die verbotene Frucht. In der Nacht lieben wir am ehrlichsten.

Ich stehe am Fenster und schaue der Katze dabei zu, wie sie frei durch die Nacht streift, bis sie im Dunkeln verschwindet. Und somit verschwinde auch ich.

Ich wünsche eine gute Nacht

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Geistiges-Gedönse

Zwischen Nannie und Capital Bra

Sie reden mit Engelszungen auf ihre 14-jährige Tochter ein und Sie bekommen ein kaltes, abweisendes Schulterzucken zurück. Kennen Sie das?

Liebe Leserinnen und Leser

Diese Kolumne geht an die Mamas und Papas. An die Liebenden, Geldquellen. Wir sind uns einig, wir lieben unsere kleinen aber … (ich mag Kinder, ABER…), sie können ab einem gewissen Alter zum Kotzen werden. Ich weiß, dieses Thema ist so Alt wie die Pubertät selbst.
Wir als Eltern, als Geldquellen werden, wenn das Kind ein gewisses Alter erreicht hat, in den Hintergrund verfrachtet. Wir werden zu anonyme Geldspender, #Zwangsgebühren. Ja, wir Eltern können auch sehr anstrengend sein, wir nörgeln, fordern, erinnern, wir stellen zu viele Fragen, wir sind halt NUR Mamas und Papas.
Ja, vielleicht gehöre ich zu den Vätern, die sich schwer daran gewöhnen können, dass der kleine Engel auf einmal zu einer Fledermaus mutiert, die sich in ihre Höhle verkriecht und kopfüber von der Decke hängt. Manchmal fühle ich mich wie ein dummer Barkeeper, schüttel ich oder rühre ich den Gefühlscocktail falsch, ist der Drink ungenießbar, und ja, die Analogie ist dumm.
Schwer daran zu gewöhnen, ist, dass langsam das Zeitalter des Streitens beginnt, ein Zeitalter, vor dem sich viele Eltern fürchten und es glaube ich, nicht gerne ansprechen. Wir rühmen uns, wenn die Kinder brav und anständig sind, wenn sie erfolgreich werden oder überall beliebt sind, doch ticken sie mal aus, lehnen einen ab, sagen mal Nein oder gehorchen nicht aufs Wort, dann sind wir still, das ist uns peinlich. Das Gefühl der Machtlosigkeit führt uns ins Vergessen. Wir sehen lieber über Sachen hinweg, anstatt die Konfrontation einzugehen. (Das ist UNSER Problem).
Ich bin 37 Jahre alt und ich muss gestehen, dass ich die Veränderung der Zeit am eigenen Leib spüre. Es hat sich vieles verändert, Handys, Konsumverhalten, Medien, Schule, allein der Umgang mit anderen Eltern ist schwerer geworden. Die WhatsApp-Elterngruppe sind die Hölle. Die Faktoren haben sich verändert. Doch muss ich einen Helikopter Landeplatz anlegen, um ein guter Papa zu sein oder lass ich den dingen einfach mal freien lauf?
Was fest steht, ist, das Pubertier ist ein Monster! Damit meine ich nicht den Menschen, sondern das dunkle, kraftraubende Wesen in ihr. Uns ist meistens nicht so bewusst, dass die kleinen Heranwachsenden, mehr mit diesem Wesen in sich zu kämpfen haben als wir. Wir haben einfach vergessen wie es ist, wenn nicht die Welt sich um einen verändert, sondern, wenn wir uns verändern. Trotz aller Schwierigkeiten gibt es auch das Gute, das Überragende. Klar sind unsere Engelchen wahnsinnig geworden, aber sie durchleben einen Prozess. Und das macht sie reifer als mancher Erwachsener. Jeden Tag eine andere Laune, das nenn ich Entwicklung und Entwicklung ist Fortschritt und den Fortschritt begrüßen wir ja bei unseren Kindern, oder? Sie lernen das Wort „Nein“ zu benutzen, zuerst benutzen Sie es inflationär und das ist auch gut so, am Anfang war das Wort. Die Abnabelung ist schmerzhaft, aber nötig. Das Schwierige ist nicht, es zu erkennen, sondern damit umzugehen. Keiner ist perfekt, nicht das Kind und Mama und Papa schon mal erst recht nicht. Vielleicht sollten wir ebenfalls den Mut zu Veränderung aufbringen. Vielleicht sollten wir viel mehr hinsehen, zuhören und sie nicht in Schubladen stecken.

Für mich habe ich beschlossen, keinen Helikopterlandeplatz zu installieren, im Gegenteil, ich sollte mehr Platz schaffen. Platz für die Entwicklung, einen Platz für den Charakter, je mehr der Mensch sich erfährt, umso schneller findet er zu sich.

Glauben Sie an sich, vor allem glauben Sie an ihr Kind/Pubertier.

Vielen Dank

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Geistiges-Gedönse

Ach, Mütter

Ach, Mütter!

Mütter! Jeder kennt sie, die meisten haben eine und es soll sogar ganz verrückte Draufgänger geben, die mit welchen verheiratet sind. Mütter sind nach der Geburt einfach unvermeidlich. Es werden Lieder über sie gesungen, Gedichte geschrieben sogar Abhandlungen verfasst.
Mütter! Sie gelten als Quelle des Lebens. Die Antike schrieb epische Erzählungen über sie, sogar ein kleiner Junge namens Heinchen brachte eine gesamte Generation von Müttern zum Weinen.
Mütter! Der strafende Blick einer Mutter kann tiefer treffen als 10 Jahre Haft, dagegen kann der warme Blick einer Mutter tröstender sein als 10 Flaschen pfälzischer Wein.

Nirgends schmeckt es so wie bei Mutti, eine Mutter hat für jede Wunde eine Heilung, der Himmel ist zu den Füßen der Mütter, eine Mutter dies eine Mutter das. Es ist schon was Wahres dran, wenn man sagt: Es gibt nur eine ganz selbstlose, ganz reine, ganz göttliche Liebe. Und das ist die Liebe der Mutter für ihr Kind.
Bitte nicht falsch verstehen. Mein Protest richtet sich auf keinen Fall gegen die Liebe einer Mutter. Er richtet sich viel mehr gegen die Dialektik.
Von, Mann kann nicht alles haben! Bis zu das Händchen, was die Mutter schlägt, wird abgesägt, ist die Dialektik von Müttern alles andere als poetisch.
Mit einer Mutter diskutiert man nicht, einer Mutter hört man nur zu. Punkt!
Ich stelle mir gerade vor, wie Catharina Elisabeth Goethe vor ihrem Sohn stand und sie ihm mit den Worten verfluchte, wenn Du mal Kinder hast, wünsche ich, die werden genau so anstrengend wie Du!
Oder wie Magda Goebbels ihren Kindern sagte „Man kann nicht alles habe! Gute Nacht!“
Aber mal im Ernst, Mütter sind was Feines. Ich bin froh, eine zu haben. Sie zeigte mir die Literatur, viel schöne Plätze der Welt und vor allem den Respekt vor anderen Menschen. Sie kümmert sich bis heute noch rührend um alle, die ihr am Herzen liegen sie hat für Dummheit kein offenes Ohr und beklagt sich nie, selbst wenn die Welt in Flammen stehen würde, oder Zahnschmerzen aus der Hölle hat.
Ist das Prinzip Mutter also ein liebevolles Klischee?
Werfen wir einen Blick auf das Klischee Checkliste.

Klischee Checkliste:
Deine Mutter macht sich genauso Sorgen, wenn du krank bist, wie damals, als du noch klein warst? Check!

Deine Mutter sagt, obwohl du schon seit 23 Jahren aus der Schule raus bist „Es wird Zeit, das die Schule wieder losgeht!“ Check!

Deine Mutter zweckentfremdet Taschentücher zu ihren persönlichen Trophäen und versteckt sie – wie Katzen ihre Beute – in den dunkelsten Ecken? Check

Die Süßigkeiten, die sie in den Schubladen versteckt sind für die Kinder, auch wenn diese bereits über 30 sind? Check!

Deine Mutter ist perfekt in Ferndiagnostik, aber selber geht sie ungern zum Arzt? Check!

Deine Mutter hat immer ein offenes Ohr für dich, wenn Du eines brauchst? Check!

Deine Mutter sieht keine Schwächen, sondern eine Persönlichkeit? Check!

Egal was du sagst oder tust, geduldig steht deine Mutter hinter dir? Check!

Empirisch wurde hier nun da gelegt, dass sich das Gerücht heißt Mutter sein ein liebevolles Klischee zu sein?, auf Tatsachen beruft! Check!

Bertholdt Brecht erschuf die Mutter Courage und ihre Kinder.
Norman Bates mochte seine Mutter so sehr, dass er sie selbst nach ihrem tot nicht loslassen konnte.
Selbst Bernhard-Viktor Christoph-Carl von Bülow sah das komödiantische Potenzial einer Mutter und schuf daraus einen Klassiker namens Ödipussi.
Freud verdrängen wir mal bei der ganzen Debatte.

Mütter! Mütter sind das Bindeglied zwischen Vergangenheit und Zukunft. Der Vermittler von Vernunft und Gefühl. Der Leitfaden von Recht und Unrecht.
So wie der Vater für alles Schlechte aus der alten Welt steht, so steht die Mutter für alles Gute in dieser Welt.
Mütter! Mütter sprechen eine universelle Sprache. Auch wenn es sich in den meisten Fällen um ein schlichtes „Ach“ handelt.

Kurze Parenthese: Es handelt sich bei dem Wort „Ach“ um eine primäre Interjektion, was nichts anderes bedeutet als Naturlaute. Parenthesen Ende.

Also ist das „Ach“ einer Mutter die ehrlichste Form der Kritik und der Zuneigung. Dieser Naturlaut „Ach“ kommt vom Herzen. Ich kann mir gut vorstellen, dass der erste Naturlaut das „Ach“ einer Steinzeit-Mutter war. Davon bin ich zu 100% überzeugt.
Aber Bitte nicht falsch verstehen, das „Ach“ einer Mutter kann dennoch vernichtend sein. Aber in den meisten Fällen ist das „Ach“ einer Mutter nur ein „Ach“ einer Mutter. Ich würde es vermissen, wenn ich keines mehr hören würde. Stundenlang könnte ich noch weiter über das Prinzip Mutter referieren, aber ich schau auf die Uhr und denke „Ach schon so spät?“. Ich weiß zwar nicht was der Plural von „Ach“ ist, aber ich hoffe, ich werde noch Milliarden „Achs“ von meiner Mutter hören dürfen.

Ach, Mütter! Eure Dialektik ist ja doch nicht so schrecklich. So poetisch wie Ihr könnte ich niemals im Leben ein „Ach“ aussprechen. Uns Kindern bleibt nur noch das Wort „Danke“ übrig. „Danke“. „Danke für dein Ach“.

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Kurzgeschichten

Der Rhein bei Nacht

Und wieder schwimmt dort einer!
Die Rotorblätter knallen durch die stille Nacht. Die Suchscheinwerfer durchdringen die Dunkelheit.
Schreie schallen von einem Ufer zum anderem.
Sie brüllen einen Namen, den man irgendwann vergessen wird.
Boote brechen durch die Strömung.
Männer in Neonfarben versuchen in der Dunkelheit zu sehen.
Doch die Nacht hält ihn fest in ihre dunklen Arme. Nur die Nacht weiß was sein letzter Gedanke war. Sie wissen nicht, dass es bereits zu spät ist. Die Suche wird eingestellt. Die Rufe bleiben unbeantwortet.
Der leblose Körper treibt im Strom.
Die Rotorblätter werden leiser, die Dunkelheit erobert die Stille zurück.
Hilfe kam, sie kam, jedoch zu spät.
Die Strömung zieht ihn mit.
Wohin?
Das weiß man nicht. Was bleiben wird, ist trauer und ein Bericht.
Hilfe, schrie er noch, bis die Strömung ihn packte und in die Nacht zog. Er kämpfte und kämpfte, jedoch war der strömende Fluss stärker.
Nun treibt er mit dem Gesicht nach unten den Rhein entlang.
Alles, was man sagen wird, wenn man ihn findet, ist „Und wieder schwimmt dort einer“.

ENDE

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Geistiges-Gedönse

Ich will schreiben!

Wenn ich schreibe, bin ich nicht da.
Ich bin da, wo ich mich haben möchte. Ich bin der, der ich sein möchte.
Meine Augen sind gelangweilt, ich will aus fremden Augen schauen. Auch wenn viele glücklich ihr Leben leben, schau ich in viele tote Augen. Selbst durch diese Augen würde ich gerne sehen.
Schreiben heißt, sehen und nicht da sein. Niemals zufrieden zu sein ist ein Antrieb. Es besser zu machen ist keine Lebenseinstellung, nur ein dienliches Werkzeug. Vor allem ein Werkzeug.
Die Neugier schwebt über Dir wie ein Vorgesetzter. Als Schriftsteller bist du Diener der Geschichte.
Schreiben heißt eine Sehnsucht zu stillen. Die Sehnsucht nach mehr.
Ja, ich bin arrogant und will ein Werk nach dem anderen schaffen, bis ich leer oder tot bin. Ich will Glück und Elend auf Papier konservieren. Ich will sehen, was andere sehen, erst dann kann ich erkennen und verstehen, dass es nicht nur eine Welt gibt.
Für mich wird das Fiktive zur Realität und die Realität zum Fiktiven. Schreiben heißt den Kopf sehen lassen.
Lektorieren ist wie der Tod, jeder hat Angst davor, er ist aber wichtig.
Die Regel ist wie eine Diktatur, sie dient nur dem, der was davon hat.
Kunst und Markt verhalten sich wie Katz und Maus und in allen Fällen verliert die Maus.
Ich will nicht das sein, was auf euerm Ethiktiergerät steht.
Ich will auf Drachen fliegen, nach Schätze suchen, den Mörder finden, den Schurken erlegen, die Prinzessin retten, die Reise begehen, das Böse vernichten, das Gute jagen, ich will frei sein, ich muss schreiben.
Die Orientierung an dem Markt ist eine Kastration der Kunst. Die Kunst wehrt sich, sie spuckt auf diejenigen, die sie zur stille zwingen. Regierungen fallen, während die Kunst dagegen bestehen bleibt.
Schmeißt sie ins Feuer, vergrabt sie, werft sie ins Meer, die Kunst kommt immer wieder zurück.
Alles muss sich nur verkaufen, wie Rauch verpufft alles im Nichts, was bleibt, ist die Rechnung.
Also was soll ich weiter schreiben, außer dass ich schreiben will.

Ich will schreiben.

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Kurzgeschichten

Der Waldweg

Die Bäume um ihm herum und der steinige Pfad, auf dem er wanderte, wiesen ihm den Weg, doch wohin war ihm nicht klar.
Vom Nichts getrieben setzte er einen Fuß nach dem anderen, nur die Bewohner des Waldes nahmen seine Anwesenheit wahr. Seine Gedanken strömten wie ein Fluss, seine Beine trugen ihn wie Säulen, er atmete ein und war der Natur näher als je zuvor in seinem Leben. Er lauschte den friedlichen Klang der Natur, als er den Weg immer tiefer in den Wald hinein wanderte. Das Eichhörnchen beurteilte jeden seiner Schritte, der Specht pausierte seine harte Arbeit und der Fuchs gab wie immer acht. Insekten tanzten wie kleine Feen um das saftige Grün, der Wind streichelte die Bäume, die Sonne schien sanft durch die Baumkronen und der Wanderer atmete aus vor Glück. Ihm gingen keinerlei Gedanken durch den Kopf, viel mehr waren es Bilder. Szenen des Glücks. Er fühlte, wie schön das Leben sein konnte, wenn man der Natur einfach mal nur zuhörte.
Die kleinen Steine unter seinen Schuhen knirschten im Rhythmus seiner Schritte. Das Ziel war die Ziellosigkeit, er erinnerte sich, um zu vergessen. Die Umgebung half ihm dabei, die Schritte hinter ihm wurden leiser. Nie konnte er der Angst sagen, wer er ist, aber er wollte nicht vor ihr wegrenne, er wollte Stolz weiter gehen. Er schöpfte aus der Schönheit der Natur seine Kraft. Keine Mächtigen, kein Gott gab ihm den Mut, weiter zu gehen, nur die reine Schönheit der Natur gab ihm in diesem Moment den Halt, wonach er sich immer gesehnt hatte. Sein ganzes Leben lang hatte er Angst vor der Stille, vor der Stille in seinem Kopf, aber die Waldbewohner nahmen ihm diese Angst. Er war das erste Mal im Leben furchtlos.
Auch wenn die Schritte hinter ihm immer leiser wurden, war da wieder für einen kurzen Moment die Unsicherheit, die Angst, der Eindringling in seinem Jetzt jagte ihn und ließ nicht von ihm ab. Also ging er weiter, immer weiter in den tiefen Wald hinein und er lächelte. Am Wegesrand taten sich eine Vielzahl an schönsten Blumen nebeneinander auf, Buschwindröschen, Maiglöckchen, Waldsauerklee und anderes Grün schmückten den Wegesrand in frohen, bunten Farben. Die Baumkronen gaben dem Frühlingswind leicht nach und bogen sich im Wind wie eine Wiege. Insekten tanzten um das Grün in den Lichtstrahlen der Sonne und hauchten dem Wald Leben ein.
Er setzte einen Schritt nach dem anderen, er hatte nicht vor, in der nächsten Zeit stehen zu bleiben. Vom Nichts getrieben ließ er die Schritte hinter sich immer leiser werden. Er wollte seinen Kopf nicht umdrehen, um nachzuschauen, wer oder was hinter ihm mitwanderte. War es ein anderer Wanderer, war es seine Angst oder seine Zukunft? Glück, Angst, Unsicherheit bei jedem Schritt, den er tat, wechselten sich seine Emotionen ab, aber Hauptsache die Schritte hinter ihm wurden, auch wenn nur für kurze Zeit leiser. Die Vergangenheit machte ihn glücklich, die Zukunft jagte ihm Furcht ein. Jedes Mal, wenn die Furcht ihn einholen wollte, rettete er sich in die Schönheit des Waldes, immer weiter auf den steinigen Waldweg. Zeit spielte schon längst keine Rolle mehr in seinem Leben, nach dem Anruf tickte seine Uhr anders als bei anderen. Der kühle Wind, der durch die Bäume wie ein Geist zwischen den Stämmen zog, kühlte seine mit kleinen Schweißperlen besetzte Stirn, und jedes Mal, wenn der Wind seine Stirn traf, schloss er die Augen, und dann dachte er sich.
So ergibt es Sinn.
Wie lange er auf den Pfad bereits wanderte, wusste er nicht, es spielte keine Rolle, für ihn fühlte es sich sowieso ewig an. Je tiefer er in den Wald zog und je dichter die Bäume aneinander standen, umso lauter wurden die Schritte hinter ihm. Sie wurden lauter und lauter, aber umdrehen kam nicht infrage.
Nach unzähligen Schritten bemerkte er ein Plätschern, eine Quelle des Lebens verlief neben dem Waldweg, die aus einer winzigen Quelle entsprang, bis sie als Bach den Weg traf und sich dem Pfad anschmiegte, wie ein Vertrauter. So wie der Bach floss und immer nach vorne strömte, so ging der Wanderer auch immer weiter nach vorne. Wie ein Teppich aus kleinsten Juwelen glitzerte das Wasser in der Sonne. So schön spielte das Bächlein seine Melodie und brachte die Perfektion zu Vollendung, dachte er sich. Nun schien es, waren sie zu dritt. Der Weg, der Bach und er, und hinter ihm kamen die Schritte, die immer näher kamen. Er tat es dem Bächlein gleich und strömte immer weiter und weiter, in Richtung Herz des Waldes. Auch wenn er sich beim Wandern in Glück wiegte, dachte er oft über diesen Anruf nach, und was es mit ihm gemacht hatte. Wie wird die Zukunft, gibt es überhaupt eine Zukunft für ihn? Worte, Worte, Worte, er musste immer so viele Worte ertragen, sodass er die Stille mittlerweile für einen himmlischen Zustand hielt. Der Weg, der Bach und er, und hinter ihm die Schritte. Die Glückseligkeit ist zum Greifen, aber die Schritte machten ihn nervös. Egal was auch passieren sollte, er nahm sich vor nicht zurück zuschauen, auch wenn die Schritte ihn fast eingeholt hatten. Er blickte auf eine Vergangenheit zurück, die außer einigen Tiefen so friedlich wie der Waldweg, auf dem er wanderte, gewesen war. Sein Blick wanderte durch die Baumkronen. Leichte Sonnenstrahlen drangen durch die dicke Blätterdecke und tauchte den Wald in sanftes Licht. Moos wuchs am Ufer des Bächleins und der Geruch von feuchte Moos drang in seine Nase und tröstete ihn wie eine vertraute Erinnerung aus jenen Tagen. Das Schauspiel des Waldes ließ ihm die Schritte, die sich bedrohlich näherten, für einen Bruchteil vergessen. Ein Lächeln schmückte sein Gesicht und er lief und lief, weil er es noch konnte.
Irgendwann trennte sich der Bach von ihm und dem Weg, sie waren wieder zu zweit und der Verfolger hielt Schritt. Sein Zeitgefühl war nun mit der Unendlichkeit verschmolzen. Mitten im paradiesischen Wald tat sich eine Lichtung auf, mittig befand sich ein kristallklarer See, der ihn wie eine Oase begrüßte und zum Verweilen einlud. Es war ein kleiner, aber bildschöner See. Das Wasser war glatt wie Eis, Fische schwammen ihre Bahnen, die Waldbewohner lebten in seliger Symbiose mit dem See und dem Wald. Er dachte sich, es muss der See sein, der alle Dichter inspiriert haben musste, es war der See, der die Definition Schönheit prägte, es war der See, der den himmlischen Frieden auf Erden holte. Schmetterlinge flogen am Ufer umher, Libellen patrouillierten über der ruhigen Wasseroberfläche, Wasserläufer glitten munter hin und her, der Froschchor am Ufer quakte unaufhaltsam, die Vögel stiegen im Chor mit ein, er vergaß alles, er war endlich angekommen. Als der Wanderer sich in das Gras setzte und seine Augen nicht von dem See abwenden konnte, fühlte er die Sonne auf seiner Haut, die die Schweißperlen trocknete und er lächelt zurück. Jetzt war es ihm egal, dass die Schritte, die ihm seit dem Anfang seiner Wanderung begleiteten, immer lauter wurden. Es schien, als wäre sein stiller Begleiter auch an seinem Ziel angekommen, denn er hörte, wie die Schritte hinter ihm plötzlich verstummten, jedoch wendete er seinen Blick nicht vom See ab. Als er kurz seine Augen schloss, um die Sonnenstrahlen aufzunehmen, spürte er eine Hand, die seine Schulter sanft berührte. Er erschrak nicht, im Gegenteil, er hatte darauf gewartet, dass die Hand eines Tages nach seiner Schulter greifen würden. Ein Lächeln, ein erleichterndes Aufatmen und dann war er bereit, sich umzudrehen, um seinen Begleiter in die Augen schauen zu können. Endlich konnte er sich freuen in die Augen seines Verfolgers zu blicken, denn eins wusste er, er würde ein Teil des Waldes werde.

ENDE