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Dialoge

Der Kaiser vom Rathausplatz

Kaiser: Heute ist ein schöner Tag, Herr Baron. Schau nur, wie brav und eifrig die kleinen Honigbienen den Nektar sammeln. Ohne Rast fliegen sie zu den Blüten, immer im Bestreben, den Honig zu produzieren. Ach, ist das nicht schön? Und wir üben uns in Demut, oder? Warten auf den Brotkrumen, den man uns hinschmeißt. Schön ist es, ein Kaiser zu sein, schön ist es zu sein. Komm Baron, darauf ein Schluck Fusel. Prost, mein Baron, auf die Schönheit, auf die Welt, auf die Bienen.

Passant 1: Pahh…saufen nichts als saufen. Mehr kann man von dem Pack nicht erwarten, ekelhaft, einfach nur ekelhaft.

Kaiser: Ich saufe nicht, ich genieße, ich darf mir ihren Ton doch verbitten!

Passant 1: Ach, stirb doch einfach. Dreck der Gesellschaft!

Passant 1 geht weiter

Kaiser: Hast Du das gehört, Herr Baron, hast du gehört, wie der mit seinem Kaiser spricht. Aufknüpfen sollte man ihn aber heute nicht, heute ist ein zu schöner Tag, um sich wegen des Pöbels aufzuregen, sein Glück. An so einem schönen Kaiserwetter wollen wir uns die Laune nicht verderben lassen oder, Baron?…Richtig! Darauf noch ein Schluck!

Passant 2: Sagen Sie mal, muss das sein? Können Sie nicht woanders saufen, hier laufen Schulklassen über den Platz. Entweder Sie verpissen sich oder ich ruf die Polizei!

Kaiser: Ich saufe nicht, ich genieße also das dieses keiner verstehen will, ist ein viel größeres Verbrechen, als das ich in der Öffentlichkeit meinen Wein trinke. Und außerdem wissen Sie eigentlich nicht, wer ich bin?

Passant 2: Tja…und…wer sind Sie?

Kaiser: Ich bin Kaiser Balduin der Fünfte, in meinen Adern fließt blaues Blut…und Wein. Bin der Letzte meines Stammbaums und von daher kann man doch ein wenig mehr Respekt erwarten, meinen Sie nicht auch?

Passant 2: Ja, schon klar. So sehen Sie aus und ich bin der Kaiser von China.

Kaiser: Ahhh ein Kaiser. Es ist mir eine Ehre!

Passant 2: Ach, Sie haben doch nicht mehr alle beisammen!


Kaiser: Für einen Kaiser wissen Sie sich aber nicht zu benehmen.


Passant 2: Bin ich der, der in der Öffentlichkeit säuft oder Sie?


Kaiser: Ich saufe nicht, ich genieße! Und wären Sie was freundlicher zu mir, würde ich Ihnen etwas von meinem Gesöff anbieten, aber da Sie sich ja bei mir nicht mal vorgestellt haben und bei Verlaub eine sehr pampige Art an den Tag legen, fürchte ich, werde ich weiter mit meinem Baron den Wein genießen.


Passant 2: Such Dir lieber mal Arbeit, Du PENNER!


Kaiser: Ich habe Arbeit. Ich bin ein Kaiser! Seit wann duzt man den Kaiser? Wo bleibt der Anstand?


Passant 2: Bei solchem Gesocks bleibt mir der Anstand in der Kehle stecken.


Kaiser: Dann sollten Sie etwas trinken. Ich hätte Ihnen ja was angeboten, aber unter diesen Voraussetzungen fürchte ich, kann ich Ihnen nicht weiter helfen. Sie müssen wohl an ihrem Anstand ersticken.


Passant 2: Ha…Ha witzig, witzig, mal Schauen, ob Du noch so lustig bist, wenn ich die Polizei rufe. Dann werden wir mal sehen, wer hier dann noch Witze macht.


Kaiser: SIE. Das heißt mal schauen, ob SIE noch so Witze machen! Und außerdem, wie wollen Sie die Polizei rufen, wenn Ihnen doch der Anstand im Halse stecken bleibt. Rufen Sie ruhig die Polizei, die Exekutive unterliegt mir.


Passant 2: Sie halten sich für sehr Klever, oder?


Kaiser: Nicht halten! Ich bin Kaiser, wäre ich dumm, könnte ich doch meine Bienchen nicht regieren.


Passant 2: Also, langsam wird es mir zu blöd mit Ihnen!


Kaiser: Fragen Sie mich mal, werter Kaiser von China. Sie respektloser Harlekin. Sie stören meine Freiheit!


Passant 2: ES REICHT MIR JETZT, MACHEN SIE DAS SIE HIER WEG KOMMEN!!!


Kaiser: Jetzt brüllt er auch noch, Herr Baron. Sie scheinen keine diplomatische Ausbildung genossen zu haben, geschweige denn eine gute Kinderstube. Sagen Sie mir doch, was mit Ihnen nicht stimmt. Warum schreien Sie hier so rum, vielleicht kann ich Ihnen ja helfen, aber dafür müssten Sie sich erst mal bitte beruhigen. Es laufen Schulklassen über den Platz.


Passant 2: MEIN PROBLEM? MEIN PROBLEM sind so Leute wie Sie!


Kaiser: Sie haben ein Problem mit der Monarchie?


Passant 2: Mit PENNERN wie Ihnen habe ich ein Problem!


Kaiser: Wir drehen uns im Kreis. ICH BIN KAISER und kein PENNER! Und außerdem, was haben Sie für ein Problem mit den Obdachlosen dieser Stadt, wurde Ihnen etwa schon mal Leid zugefügt?


Passant 2: Ich werde noch bekloppt. Sie sind ein Sozialschmarotzer, lungern den ganzen Tag hier rum, saufen, stören die anderen und verdammt Sie stinken. Werden Sie sich dem doch bewusst!


Kaiser: Wie gesagt, ich saufe nicht…


Passant 2: Ja, ja, ich weiß, Sie genießen.


Kaiser: Erstens, exakt! Zweitens, ich störe nicht die anderen, jemand muss ja seine Bienen bewachen. Drittens, wie können Sie es wagen, einem Kaiser zu sagen, das er stinkt. Sie können froh sein, dass ich heute gut gestimmt bin, sonst hätte ich Sie aufknüpfen lassen. Dann spüren Sie mal die Exekutive!


Passant 2: JA KLAR, das will ich sehen. Ich knüpf DICH gleich auf!


Kaiser: SIE! Ich knüpfe SIE gleich auf. Die Dummheit, die Sie bei mir suchen, lässt sich eher bei Ihnen finden.


Passant 2: Hoffentlich fackelt DICH jemand Nachts ab. Dreck, einfach nur Dreck. Die Gesellschaft wäre besser dran ohne euch Pennerpack!


Kaiser: Werter Herr, hatten Sie nur vor, mir den Tod an den Hals zu wünschen, wenn ja, wünsche ich noch einen schönen Tag. Der Baron und ich haben noch einiges zu besprechen. Wenn Sie uns bitte ENDLICH Entschuldigen würden.


Passant 2: Es ist nicht zu glauben. Er denkt, er wäre ein verdammter Kaiser. Verreck einfach!


Kaiser: WACHEN!…WACHEN!


Passant 2: HA,HA,HA…Ja rufen Sie ruhig nach den Wachen.


Polizist: Was denn hier los?


Passant 2: Gut, das Sie kommen. Es gibt ein Problem mit diesem Herren hier. Der trinkt auf offener Straße in der Nähe von Schulklassen, das muss doch nicht sein.


Polizist: WAT? Balduin? Der trinkt nicht der genießt. Nee, der tut keine was. Er ist der Kaiser. Ist es nicht so Eure Majestät?


Kaiser: So ist es mein Teurer.


Passant 2: Sie lassen ihn hier? Sie lassen ihn machen was er will?


Polizist: Muss ich. Er ist schließlich unser Kaiser. Da kann man nichts machen. Schönes Kaiserwetter Ihnen noch eure Majestät.


König: Ihnen auch, Ihnen auch. Auf bald…
Sehen Sie! Ich hoffe, Sie haben sich jetzt etwas beruhigen können, da Sie nun miterlebt haben, das ich nun doch der Kaiser bin, auch wenn ich es Ihnen nicht beweisen müsste, mach ich den Spaß jedoch gerne mit. Meine Anwesenheit kann doch nicht der Grund ihres Zorns sein. Wenn Sie was auf dem Herzen haben, ich habe immer ein offenes Ohr für meine Bienen.


Passant 2: Ich bin nicht einer ihrer Bienen. Es ist ein Unding, das die Polizei hier nicht eingreift. Ich werde mich beschweren müssen.


Kaiser: Sie brauchen sich nicht zu beschweren, der Polizist hat nichts gemacht.

Passant 2: Eben!


Kaiser: Ich meine, er hat nichts Falsches gemacht. Was soll er denn machen? Mich wegsperren, den Schlüssel wegschmeißen und mich mit Wasser und Brot in einem Kerker verrotten lassen? Ach ja, ich vergaß, Ihnen wäre es ja viel lieber, ich würde wie eine Hexe aufm Scheiterhaufen bei lebendigem Leib verbrennen. Mir stellt sich mittlerweile die Frage, wer von uns beiden hier eigentlich weggesperrt gehört?


Passant 2: Ach, schwafeln Sie nicht rum!


Kaiser: Ich schwafle und Sie spucken Gift. Wieso sind Sie so menschenfeindlich zu mir? Habe ich Ihnen etwa was getan?


Passant 2: Ich bin kein Menschenfeind, ich kann einfach so ein Gesocks wie Sie nicht mehr ertragen. Sie sind ein Schandfleck für das Stadtbild. Nichts tun und dann noch herumlungern. Toller Kaiser sind Sie. Vor allem was sind Sie eigentlich für ein Vorbild für die Kinder? Was sollen die von Ihnen halten?


Kaiser: Moment! Moment, das sind viele Beleidigungen, aber keine Aussagen. Bin ich denn kein Mensch, auch wenn Sie mich als Gesocks ansehen? Wenn ich kein Kaiser wäre, würden Sie mich dann anders behandeln?


Passant 2: SIE SIND KEIN KAISER! SIE SIND NUR EIN PENNER!


Kaiser: UND SIE SIND EIN RÜPEL! UN WARUM SCHREIEN WIR HIER RUM, SIE MACHEN DEN KINDERN NOCH ANGST!


Passant 2: Sie schreien doch!


Kaiser: Nein, Sie! Also langsam wünschte ich mir, Sie würden doch noch an Ihrem Anstand ersticken. Dann ist hier wenigstens mal wieder Ruhe.


Passant 2: Wie können Sie es wagen? Was fällt IHNEN ein? Das ist doch eine Unverschämtheit!


Kaiser: Ein Kaiser darf wagen, was ein Kaiser wagen will. Bei Ihnen fällt mir gar nichts mehr ein. Warum störe ich Sie so in ihrem kleinen ach so bedeutungsvollem Leben? Welchen Platz habe ich ihn Ihrem bürgerlichem Alltag, dass ich Sie so störe?


Passant 2: Sie sind ne Schande. Ganz einfach. Sie reden wie ein Verrückter daher. Langsam geht mir die Geduld flöten. Wissen Sie, was ich hoffe? Man wird Sie irgendwann tot in einer Gosse auffinden, während ich mein bürgerliches Leben lebe! Schönen Tag noch!


Passant 2 geht weg und kreuzt den Weg mit dem Polizisten.


Polizist: Moment bitte, warten Sie mal, ich habe das da eben mitbekommen.


Passant 2: Ja prima und warum unternehmen Sie nichts gegen so jemanden?


Polizist: Wie Sie mit ihm umgegangen sind, finde ich scheiße, um das mal deutlich zu sagen. Wissen Sie eigentlich, wer das ist?


Passant 2: Jetzt sagen Sie mir nicht er ist der Kaiser!


Polizist: Kommen Sie von hier?


Passant 2: Sicher.


Polizist: Dann müsste Ihnen doch der Name Balduin Sölken ein Begriff sein, oder?


Passant 2: Ja, klar. NEIN. Das ist Herr Sölken? Der Kaiser vom Rathausplatz. Scheiße, ich erinnre mich. „Rathausplatz“ war doch der Name seiner Kneipe. Das glaube ich jetzt nicht. Meine Eltern waren immer im „Rathausplatz“. Die haben sich da sogar kennengelernt.


Polizist: Tja, so kann es laufen. Wisse Sie eigentlich, was der Mann für sein Umfeld und die Gemeinde getan hat? Kinder, die sonst nichts zu fressen bekamen, konnte sicher sein, dass sie bei ihm immer eine warme Mahlzeit bekamen, er hat sogar einen riesigen Tisch für sie reserviert, damit sie jeder Zeit ein Platz bei ihm finden konnten. Er nannte es sie die Ritter der Tafelrunde. Nicht nur das er sich immer für andere eingesetzt hat. Man könnte fast sagen, er sitzt jetzt dort, weil er nur an andere gedacht hat und niemals an sich.


Passant 2: Aber…aber…was ist passiert? Wie kann man denn so tief fallen?


Polizist: Wie, wie, wie!? Wie bei uns allen auch. Irgendwas reist es einen aus der Bahn und schon liegst du unter den Schienen. Das geht schneller, als man denkt. Und wie Sie eben mit ihm gesprochen haben, passt mir gar nicht.


Passant 2: Ich wusste doch nicht…


Polizist: Ist mir doch egal was sie wussten und was nicht. Ich bin weiter gegangen, um seinen Stolz nicht zu verletzten. Er bittet nicht gerne um Hilfe. Vielleicht werde ich Sie ja wegen Morddrohung und Beleidigung anzeigen. Ich war ja schließlich Zeuge, nicht wahr?


Passant 2: Hätte ich gewusst, wer er ist, dann hätte ich ihm sogar was Geld gegeben, aber was ist denn mit ihm passiert? Ich habe nur gehört, dass er seine Kneipe aufgeben musste und ab da an hat man nichts mehr von ihm gehört, es ist schon ewig her. Hätte ich doch nur gewusst, wer…


Polizist: Ist jetzt auch zu spät. Seine Frau verstarb, seine Tochter verstarb fünf Jahre darauf bei einem Verkehrsunfall. Er versuchte weiter zu machen, er versuchte für alle da zu sein, auch wenn seine Liebsten ihn bereits verlassen hatten. Er konnte die Fassade des Ungebrochenen noch ein Jahr aufrechterhalten, doch dann packte ihm natürlich die harte Trauer und wie fast jeder ertrank er seine Gefühle im Alkohol. Er verlor seine Kneipe, er verlor das Ansehen und wie ich eben mitbekommen musste, verlor er eben auch noch seine Würde. Sie denken, er hat den Verstand verloren, nein, da muss ich Sie enttäuschen, das hat er nicht, er macht nur das Beste aus seiner Situation. Ich bin hier fast jeden Tag und mache meine Runde und jeden Tag sitzt er da und tut keinem etwas. So etwas wie Sie habe ich aber noch nicht erlebt. So eine Eiseskälte. Also! Ich hätte jetzt mal ihren Ausweis, bitte!


Passant 2: Meine Eltern habe sich im „Rathausplatz“ kennengelernt. Ich habe mich immer gefragt, was aus ihm geworden ist. Er war ein enger Freund meines Vaters. Sie haben nur nie Balduin zu ihm gesagt, sie nannten ihn… Kaiser. Er hatte den Leichenschmaus an Vaters Beerdigung organisiert. Wie konnte ich ihn vergessen …?
Das ist Herr Sölke?!


Polizist: AUSWEIS, bitte!


Passant 2: Ja..Ja klar. Hier bitte…ich kann es kaum glauben. Aber warum hilft man ihm den nicht?


Polizist: Er hat nicht um Hilfe gebeten. Er sagt, er ist glücklich.


Passant 2: Sieht Ihnen das etwas nach Glück aus?


Polizist: In seinem Falle ja. Ja, er sieht glücklich aus.


Passant 2: Ich muss mich entschuldigen. Ich muss ihm helfen!


Polizist: Hat er Sie darum gebeten?


Passant 2: Natürlich nicht. Mir war bis eben ja auch nicht bewusst, wer da vor mir sitzt.


Polizist: Warum ist es denn so wichtig, wer da vor Ihnen sitzt? Balduin nennt man den Kaiser, weil ihm das nicht interessiert, wem er hilft. Die Hälfte seines Geldes gibt er immer noch an andere ab. Auch wenn er in ihren Augen nur ein Penner ist, für uns ist er der Kaiser vom Rathausplatz.


Passant 2: Ich muss ihm helfen!


Polizist: Haben Sie schon vergessen, eben wollten Sie noch, das er tot in eine Gasse liegen solle.
Hier ihr Ausweis!


Passant 2: Ich weiß, ich weiß. Ich muss mit ihm reden.
Sind wir fertig?


Polizist: Vorerst!


Passant 2 rennt Richtung Kaiser.


Kaiser: Ach, du lieber Himmel. Sie schon wieder? Ich habe genug von ihren Morddrohungen. Bitte!


Passant 2
: Ähmm… Ich bin zurückgekommen … ähmm… ,weil ich mich bei Ihnen Entschuldigen wollte.


Kaiser: Ist das so?


Passant 2: Ja, ich habe eben schlimme Dinge gesagt…ich…ich…hab nicht darüber nachgedacht, es…es tut mir leid.


Kaiser: Sind Sie ein Kind?


Passant 2: Nein…Wieso? Nein!


Kaiser: Denken Sie nie vorher nach, wenn Sie reden? Erst wünschen Sie mir den Tod an den Hals und jetzt stehen Sie vor mir mit voller Wehmut und wollen sich bei mir entschuldigen, was hat Sie denn umgestimmt?


Passant 2: Der Polizist von eben hat mir von Ihnen erzählt. Ich weiß jetzt, wer Sie sind.


Kaiser: Ach, und? Wer bin ich?


Passant 2: Der Kaiser vom Rathausplatz. Balduin Sölke. Es tut mir leid, was…was Ihnen widerfahren ist.


Kaiser: Und jetzt? Wo Sie ja wissen, wer ich bin, sehen Sie mich nun mit anderen Augen, oder? Jetzt bin ich in Ihren Augen ein Mensch. Nehmen Sie es mir nicht übel, aber ein Fähnchen im Wind hat mehr Mut, als Sie, es bleibt wenigstens im Sturm stehen. Sie wissen nun, wer ich bin, ich dagegen habe keine Ahnung, wer Sie sind, habe ich Sie aber schlecht behandelt, gar die Menschlichkeit abgesprochen?


Passant 2: Nein. Nein, haben Sie nicht. Hören Sie, ich will Ihnen helfen. Ich könnte Ihnen einen Job besorgen und Ihnen bei den Papieren helfen. Und Wohnung wäre kein Problem, ich bürge für Sie. Das klingt doch gut, oder? Sie können wieder ein Teil dieser Gesellschaft werden.


Kaiser: Sie hören einfach nicht auf, mich zu beleidigen. Bin ich kein Teil der Gesellschaft, ich bin Kaiser, vergessen Sie das nicht. Ich habe Sie doch nicht um Hilfe gebeten. Sparen Sie sich diese übergriffige Art. Ihr Sinneswandel soll doch nur Ihr Gewissen erleichtern.


Passant 2: Der Polizist warnte mich schon davor, dass Sie das sagen würden.


Kaiser: Er kennt mich und vor allem, er respektiert meinen Willen. In seinen Augen bin ich auch ein Mensch.


Passant 2: Aber es muss doch furchtbar sein.


Kaiser: Es muss furchtbar sein, Ich zu sein?


Passant 2: NEIN…also irgendwie doch. So meinte ich das…Sie drehen mir aber auch die Worte im Mund rum.


Kaiser: Eigentlich nicht. Ich reagiere von Mensch zu Mensch. Sie sind derjenige, der nicht auf Augenhöhe mir sprechen kann. Sie haben ein Problem mit Monarchen.


Passant 2: Jetzt hören Sie doch mal kurz auf mit diesem Kaiser Gedöns. Ich möchte mit Ihnen vernünftig reden.


Kaiser: Dann setzten Sie sich doch zum Baron und mir auf den Boden. Solange Sie vor mir stehen und Sie mich von oben herab anschauen, bin ich nicht gewillt, Ihnen zuzuhören. Kommen Sie, setzten Sie sich.


Passant 2: Wenn es sein muss.


Kaiser: Ich würde sage, ja das muss sein.


Passant 2: Na gut.


Kaiser: Vielleicht ändern Sie ihre Betrachtungsweise, wenn Sie mal die Welt aus meiner Perspektive betrachten.


Passant 2: Na schön.


Kaiser: Und? Was sehen Sie?


Passant 2: Füße. Sehr viele Füße.


Kaiser: Und? Haben Sie angst getreten zu werden?


Passant 2: Nein, nicht wirklich.


Kaiser: Ich schon. Sie können wieder aufstehen und in ihr Leben ziehen, ich dagegen bleibe hier unten sitzen. Ich muss meine Bienen im Auge behalten, das ist meine Aufgabe.


Passant 2: Hören Sie! Ich…ich wolle mich bei Ihnen entschuldigen. Was ich vorhin gesagt habe, war nicht korrekt.


Kaiser: Tauschen Sie das Wort „korrekt“ mit dem Wort menschenverachtend aus.


Passant 2: Sie haben recht, es war menschenverachtend von mir. Es tut mir außerordentlich leid.


Kaiser: Was wäre ich für ein Kaiser, der nicht vergeben könne, ich wäre ja dann ein Diktator. Doch der Weg der Vergebung muss nicht immer ein bequemer sein.


Passant 2: Ich weiß nicht, was Sie damit genau sagen wollen, aber ich würde Ihnen gerne helfen, um ihre Situation vielleicht zu verbessern.


Kaiser: Wären Sie an meiner Stelle, wären Sie schon längst tot, aber nicht wegen Ihrer Lebensumstellung, nein, weil Sie nicht ansatzweise verstehen, was es ein Kaiser wie ich zu sein. Sie würden es nicht mal fünf Minuten aushalten.


Passant 2
: Warum sollte ich an Ihrer Stelle sein wollen?


Kaiser: Damit Sie mal sehen, wie es ist, am Boden der Gesellschaft zu sitzen und vielleicht nehmen Sie was mit, was Ihnen hilft, kein Arsch zu sein.


Passant 2: Ich weiß, ich habe mich wie eine Sau verhalten, aber…


Kaiser: Nein, die Sau war ich und Sie die zähnefletschende Meute, die sie durch Dorf treiben wollte…


Passant 2: Wissen Sie… Eigentlich wollte ich Ihnen noch was anderes sagen. …, als ich gehört hatte, wer Sie sind, da…


Kaiser: Wollen Sie was trinken?


Passant 2: Nein, danke.


Kaiser: Ah, er kann sich zumindest bedanken.


Passant 2: Ok, habe ich verdient, jedenfalls wollte ich Ihnen sagen, dass meine Eltern Sie gekannt haben…und zwar sehr gut.


Kaiser: Haben sie?


Passant 2: Sie kannten meinen Vater. Meine Eltern haben sich im „Rathausplatz“ kennengelernt.


Kaiser: Haben sie?


Passant 2: Ja, haben sie. Sie haben meinem Vater in ihrem Laden geehrt, indem sie den Leichenschmaus organisierten. … Das, war schön…


Kaiser: Ich erinnere mich. Deine Mutter hatte es schwer genug, ich wollte Caroline wenigstens diese Last abnehmen. Der von Günther hat uns ALLE sehr hart getroffen …. Nun also, das wurde aus Dir keiner Sascha? Hätte nie gedacht, dass so ein Arsch aus dir werden würden, aber Tendenzen waren schon zu erkennen. Dabei warst du so ein süßes Kind. Ein Jammer oder Baron?


Passant 2: Sie erinnern sich?


Kaiser: Ich bin adlig, nicht blöd.


Passant 2: Sie…Sie waren ein Held in den Augen meines Vaters. Was ist nur mit Ihnen passiert?


Kaiser: Was soll passiert sein? Ich bin Kaiser! Ich existiere.


Passant 2: JETZT hören Sie doch mal für einen kurzen Moment mit ihrem Kaiser-Quatsch auf…BITTE!


Kaiser: SASCHA! Wie kannst du es wagen, es quatsch zu nennen, das ist PURER Ernst. Du läufst, stolzierst geradezu herum… in deinem Anzug, beleidigst Menschen und meinst das dich nichts, aber auch nichts auf dieser Welt aus der Bahn bringen könnte. So fest meinst du zu stehen! ABER glaub mir, Du könntest schneller hier sitzen, als Dir lieb ist. Gestern warst Du noch der junge feine Business-Fuzzi und heute sitzt Du neben mir. Vor noch nicht mal fünfzehn Minuten hast Du mir den Tod gewünscht und jetzt… jetzt willst Du mir ein Leben schenken. Sascha, was geht in deinem Kopf vor sich? Wenn Du meinst, ich sei verrückt geworden, dann liegt es an deiner Betrachtung und nicht an meiner Art oder gar an meiner bloßen Anwesenheit …. Denkst du wirklich, Dein Vater hätte dich gerne SO gesehen? Er würde sich für dich schämen.


Passant 2: Für was denn? Dafür das mein Leben gut verläuft? Ich will doch mein Verhalten einfach wieder gut machen. Einfach Buße tun…


Kaiser: Du schuldest mir nichts. Und solang du nicht kapierst, dass es um keine Rechnung geht, kannst Du meine Gedanken auch nicht verstehen. Also… geh doch einfach. Ich vergebe Dir und wünsche Dir ein erfülltes und reiches Leben.


Passant 2: Ich will wirklich nur helfen.


Kaiser: Dann lerne erst mal wie! Und außerdem hast Du doch bestimmt noch irgendein Termin, den Du wahrnehmen musst.


Passant 2: Nein, ich habe alle Zeit der Welt.


Kaiser: Das bezweifele ich. Fang nichts an, was Du auch nicht beenden kannst. Oder Baron?


Passant 2: Wie alt ist er?


Kaiser: Alt. Sehr alt, aber vor allem ist er weise, und ich wage es zu behaupten, dass er mehr Grips im Köpfchen hat als Du … oder Baron?


Passant 2: Witzig!


Kaiser: Was?


Passant 2: Egal.


Kaiser: Tolle Einstellung.


Passant 2: Find ich auch.


Kaiser: Witzig.


Passant 2: Darf ich Sie vielleicht etwas Persönliches fragen?


Kaiser: Du willst wissen, wie das passieren konnte. Wie kann einer, der immer so fleißig gewirtschaftet hat, auf einmal HIER unten landen?


Passant 2: Ja. Mein Vater sprach immer sehr gut über Sie. Alle haben das.


Kaiser: Und das tun sie jetzt nicht mehr?


Passant 2: Doch…aber…


Kaiser: ABER…was?


Passant 2: Sie sind doch Ihrer Situation bewusst.


Kaiser: Ich schon nur Du nicht. Oftmals bekommt man es gar nicht mit, wenn das Leben einen verändert, du denkst alle und dich herum sind verrückt, nur du nicht, aber dabei ist es umgekehrt, DU bist der Verrückte, aber keiner ist da, um es dir zu sagen.


Passant 2: Und Sie sind der Verrückte?


Kaiser: Du musst besser zuhören. Ich habe doch gerade eben gesagt, das liegt nicht bei mir, das zu entscheiden.


Passant 2: Ich erinnere mich immer mehr. Ich fand es immer witzig, dass man Sie immer Kaiser nannte. Ich dachte, Sie wären ein echter Kaiser.


Kaiser: Nannte?


Passant 2: Nennt!


Kaiser: Warum hast Du eigentlich vergessen? Was ist SO wichtig, dass man seine Menschlichkeit vergisst?


Passant 2: Also ich bin jetzt nicht „Unmenschlich“, aber…


Kaiser: Hörte sich aber eben ganz anders an und seien WIR mal ehrlich, Du sitzt gerade nur hier unten neben mir, weil ich Günther kannte, Du würdest mir immer noch den Tod an den Hals wünschen, wäre die Situation noch wie vorhin.


Passant 2: Wie gesagt, es tut mir leid.


Kaiser: Und? Warum hast Du vergessen? Erzähl mal, was mach der kleine, ach so nette Sascha denn heute so?


Passant 2: Der Sascha…ist Filialleiter einer großen Elektrokette.


Kaiser: Nicht schlecht, nicht schlecht. Da hast Du es ja zu wirklich etwas gebracht. Gratuliere!


Passant 2: Ja geht. Ich will mich fortbilden, ein paar Stationen gehen noch höher.


Kaiser: Und sowas erzählst Du einem Penner?


Passant 2: NEIN…äh sorry. Sie haben gefragt…


Kaiser: War nur Spaß. Reg Dich ab… Adelshumor.


Passant 2: Auf jeden Fall geht es mir gut und ich bleibt dabei, dass ich Ihnen sehr gerne helfen will.


Kaiser: Hör mal Sascha. Ich bin hier, um zu regieren und nicht um dir dein Gewissen zu erleichtern, damit Du den Rest deines Lebens noch in den teuren Spiegel blicken kannst. Meiner Meinung nach hast Du den Punkt eh schon längst überschritten.


Passant 2: Wow. Das tut weh.


Kaiser: Frag mich mal!


Passant 2: Schon gut…schon gut…ich hab den Tonfall verdient.


Kaiser: Na dann sind WIR ja auf einem guten Weg, Sascha. Was macht eigentlich die Liebe? Kennst Du sowas? Ein wenig wundert er mich, dass du deine Karriere als Erstes erwähntest, anstatt deine Kinder, deine Familie, falls es da etwas dergleichen gibt.


Passant 2: Nein.


Kaiser: Nein…was?


Passant 2: Nein, ich habe keine Familie.


Kaiser: Freundin…wenigstens?


Passant 2: Nein, auch keine Freundin.


Kaiser: Dann geht es Dir ja prima. Du bist frei. Keiner, der Dich in Ketten legt, keine nervigen Kinder. Du bist erfolgreich und frei. Ist es nicht das, was Menschen wie Du, wollen?


Passant 2: Zynismus steht einem Kaiser nicht.


Kaiser: Er ist lernfähig.


Passant 2: Kann ich Ihnen denn wenigstens etwas Geld da lassen?


Kaiser: Willst Du schon gehen? Ich wusste es doch, Du schaffst es nicht mal fünf Minuten hier unten zu sitzen.


Passant 2: Wieso erwähnen Sie ständig, das ich es nicht aushalten würde. Mir scheint es, als würden Sie eine Wette herbei provozieren wollen.


Kaiser: Kann sein. Vielleicht ist das meine Intention … vielleicht auch nicht. Was hättest Du zu verlieren, im Gegenteil Du wärst um eine Erfahrung reicher.


Passant 2: Darum geht es doch nicht. Ich will einfach nicht. Wozu arbeite ich? Damit ich dann letztendlich freiwillig auf der Straße penne?


Kaiser: Wer wartet denn auf Dich zu Hause? Außer ne Tiefkühlpizza niemand, oder? Also. Unterhalten wir uns. Auch wenn Du mir eben den Tod an den Hals gewünscht hast. Bin nicht nachtragend.


Passant 2: Ich merk schon.


Kaiser: Erzähl mir doch mal was aus deinem schönen Leben, damit ich mich wie an einem warmen Lagerfeuer erwärmen kann, sei so lieb. Wärme diesen „Penner“!


Passant 2: Ich habe nicht „Penner“ gesagt.


Kaiser: Du musst nichts sagen, du zeigst deine Einstellung, indem Du wie eine Giftspritze Hass verspritzt … und das im Anzug. Man muss nicht immer was sagen, um was zu meinen.


Passant 2: Hat Ihnen schon mal jemand gesagt, dass Sie einen sehr belehrenden Unterton haben?


Kaiser: Ich habe keinen Unterton. Ich bin halt der Kaiser. Willst Du immer noch keinen Schluck Wein.


Passant 2: Nein, danke.


Kaiser: Keine Sorge, du bekommst schon keinen „Mundkrebs“.


Passant 2: Na gut, irgendwie muss ich Ihnen ja mal beweisen, dass ich nicht so ein Arschloch bin, das Sie in mir sehen…. Geben Sie schon her!


Kaiser: Und das können Sie, indem wir eine Flasche teilen?


Passant 2: Soo…lang lebe der Kaiser!


Kaiser: Etwas zynisch, aber ja…auf MICH! Sag schon! Wie geht es denn deiner Mutter?


Passant 2: Sie ist gestorben…. Winter letzten Jahres.


Kaiser: Tut mir leid, Junge.


Passant 2: Krebs. Nach dem Tod meines Vaters ging es für Sie stetig Berg ab. Sie hat es einfach nicht ertragen können, dass Vater nicht mehr war. Es hat sie förmlich krank gemacht. Der Alkohol….


Kaiser: Das kenne ich sehr gut, aber sie hatte ja wenigstens noch dich.


Passant 2: Na ja…


Kaiser: Was…was, na ja?


Passant 2: Ich war nicht für sie da. Im Gegenteil, ich,… Ich hatte mich in die Arbeit geflüchtet. Ich wusste,… Ich wusste nicht, was ich tun sollte.


Kaiser: Warum warst Du nicht einfach bei ihr. Du hättest nur bei ihr bleiben müssen, mehr nicht.


Passant 2: Ich weiß.


Kaiser: Und jetzt hast Du ein schlechtes Gewissen, dass Du irgendwo abladen willst, ob Du nun Monarchen den Tod wünschst oder ihnen ein Leben ermöglichen willst, egal was Du tust, hierbei geht es nicht um mich oder um deine Mutter, Du willst einfach nur Last ablassen und somit die Verantwortung Dir gegenüber abgeben. Du hoffst auf Absolution und das auf den einfachsten Weg.


Passant 2: Verantwortung?


Kaiser: Nervt es Dich nicht zu wissen, das ein „Fremder“, wie ich mehr geholfen hat als Du? Bist Du nicht zu mir gekommen mit den Worten, dass Du mich kennst? Und willst Du angebliche Schulden tilgen? Ich wiederhole mich, Du schuldest mir nichts, ich glaube, Du schuldest eher Dir selbst, was.


Passant 2: Ich war nicht einmal da, um sie zu Chemo zu fahren. Ja…Ja Sie haben Recht… Ich bin Abschaum.


Kaiser: Tja…das entscheidest Du selber. Ich glaube nicht, dass deine Mutter gewollt hätte, dass Du sie so gesehen hättest, aber Anteilnahme kann man auch ohne ständige Anwesenheit ausüben, du hättest davor und danach da sein müssen. Wie musst Du denn Erfolg?


Passant 2: Ich verstehe schon. Wir müssen nicht solche Art von Fragen abarbeiten. Wo sehen sie sich in fünf Jahren? Bla…Bla…Bla…Ich kenne dies Art der Rhetorik. Ich wände sie täglich an.


Kaiser: Das ist keine Rhetorik. Ich meine es ernst. Wie misst Du Erfolg?


Passant 2: Ok. Erfolg ist für mich … z.B. ein gesichertes Leben, damit meine ich nicht für ungut, ein Dach über den Kopf zu haben, ein gutes Gehalt und Freiraum, eigentlich genau das, was Sie eben beschrieben haben.


Kaiser: Das war’s?


Passant 2: Reicht doch, oder?


Kaiser: Keine Kinder, keine Frau, keine Familie? Du verwechselst Geld mit Glück. Du denkst, weil ich auf dem Rathausplatz wohne, mache mich das nicht glücklich? Sieh Dich um. Ich bin glücklich, auch wenn diese Füße, die täglich an mir vorbeiziehen, mich jederzeit treten könnten sogar jetzt bin ich glücklich, auch wenn Deine Füße mich getreten haben, hören sie wenigstens zu… Reich mir mal den Wein.


Passant 2: Bitte…. Aber trotzdem. Haben Sie nicht das Bedürfnis, zurück ins Leben zu kommen?


Kaiser: Ach, ich habe meinen Wein, wie könnte ich nicht glücklich sein… oder Baron? Wie nennst Du das hier? Das ist kein Film, keine Serie mehr Leben geht nicht. Das ist die kalte Realität. Jeder entscheidet für sich selbst und ich bin der Erste, der entschieden hat, ein Kaiser zu sein. Ich wurde zwar reingeboren, ABER ich habe mich vor allem dafür entschieden, ich habe die Bürde mir auferlegt. Hör mal zu Sascha! Du bist ein Arschloch und das zu ändern liegt nur bei Dir. Meinst Du, deine Eltern wären stolz auf die Worte, die Du mir eben gegen den Kopf warfst. Ob Du mich kennst oder nicht, spielt keine Rolle, nicht die geringste … versuch einfach ein guter Mensch zu sein. Und sag jetzt nicht, dass du einer bist. Niemand sagt von sich selbst, er sei ein guter Mensch, das machen, wenn überhaupt, die anderen. Der, dem Du eben den Tod gewünscht hast, teilt gerade mit Dir seinen letzten Tropfen ….Du Arschloch.


Passant 2: Aber wenn Sie die Wahl haben, warum? Warum verhöhnen Sie die, die keine Wahl haben?


Kaiser: Denkst Du wirklich, ich würde damit die anderen Monarchen verspotten? Hinterfrage mal dein singuläres denken.


Passant 3 geht an Kaiser und Passant 2 vorbei.


Passant 3: Tsss… was für eine Schande. Such Euch ein Scheiß JOB!


Kaiser: Wie fühlt sich das an?


Passant 2: Erniedrigend! Ich kann es nur noch mal sagen, es tut mir vom ganzen Herzen leid.


Kaiser: Vergiss doch jetzt mal den Scheiß. Ich will einfach nur wissen, wie es die hier unten geht? Trink mit mir und lass das Kaiserreich auf dich wirken.


Passant 2: Also…ich nehme an, Sie werden meine Hilfe nicht in Anspruch nehmen wollen … oder?


Kaiser: Ich benötige keine Hilfe, andere benötige die Hilfe, geh zur Tafel oder spende Kleidung von mir aus verteil Geld, aber als aller Erstes musst Du anfangen, Menschen zu respektieren, egal wen! Die, die nach unten treten, treten die Freiheit mit ihren Füßen. Wie gesagt, sein einfach kein Arschloch!


Passant 2: Ha…leichter gesagt als getan.


Kaiser: Witzig! Du musst deine Eltern stolz machen, sie waren es zumindest immer auf dich, glaub mir. Aber wenn Du weiter so ein Arschloch …


Passant 2: Jaaa…ist langsam gut!


Kaiser: LASS MICH AUSREDEN! …Arschloch bist, trittst Du wie diese Füße nach mit treten, das erbe deiner Eltern mit deinen Füßen.


Passant 2: Sie haben ja recht! Was soll ich sagen … außer…darf ich noch einen Schluck?


Kaiser: Ja aber gerne doch…


Passant 2: Sie hatten recht vorhin. Sie hatten recht damit, dass ich es nicht fünf Minuten hier unten aushalten würde. Sekunden fühlen sich wie Stunden an. Tage müssen einen wie die Unendlichkeit anfühlen.


Kaiser: Tja…und das ist keine Charles Dickens-Story, das ist „meine“ Realität. Du kannst jederzeit diesen Ort verlassen. Ein Kaiser dagegen ist und bleibt ein Kaiser, bis er stirbt.


Passant 2: Ich würde gerne morgen um dieselbe Zeit wiederkommen, wenn es Ihnen recht ist.


Kaiser: Ich bin immer hier, Sascha.


Passant 2: Ich geh dann jetzt los. Muss über einiges nachdenken.


Kaiser: So schlimm? Sei einfach kein…


Passant 2: …kein Arschloch. Ich es verstanden. Werde an mir arbeiten…das verspreche ich.


Kaiser: Gut…das freut mich zu hören. Dann bist Du jetzt entlassen und darfst weiter ziehen, kleine Biene. Vielleicht gestattet dein Kaiser Dir morgen eine Audienz.


Passant 2: Bis Morgen.


Kaiser: Mach, s gut Sascha.


Am nächsten Tag.


Passant 2: Entschuldigen Sie, bitte!


Polizist: Hatten wir nicht gestern schon das Vergnügen?


Passant 2: Ja…hatten wir.


Polizist: Damit Sie Bescheid wissen, Sie bekommen demnächst Post.


Passant 2: Ja…zurecht. Aber ich wollte Sie eher etwas fragen.


Polizist: Und das wäre?


Passant 2: Wo ist Balduin? Ich wollte heute mit ihm Mittagessen. Wir waren hier verabredet.


Polizist: Ich weiß es nicht. Er ist weg. Bei meiner heutigen Runde habe ich ihn schon vermisst. Er sitzt sonst immer dort drüben, aber heute Morgen war einfach sein Platz leer.


Passant 2: Und jetzt?


Polizist: Ja, nix und jetzt. Die Erde dreht sich und das Leben geht weiter. Seien Sie doch froh darüber.

Ende

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Kurzgeschichten

Der Kuss

Er rennt um sein Leben. Er hatte sich so auf diesen Abend gefreut und jetzt rennt er um sein Leben. Jeder seiner Schritte schmerzt, jedoch rennt er weiter in der Hoffnung, weiter leben zu dürfen.
Er rennt durch die Nacht, während das Blut seine Kleidung Rot färbt. Als er an diesem Abend die Bar betrat, war die Nacht noch vielversprechend und wild. Nicht sein Blut, sondern Bier floss in Strömen. Es wurde gelacht, gesungen, dies alles war, bevor er blutend durch die Nacht rennt.
Wie jeden Freitag zieht er durch die Bars, auf der Suche nach einer schnellen Nummer. Wie ein Jäger geht er jedes Wochenende auf die Jagt. Parfümiert versucht er seinen Lockstoff in die Nacht zu verbreiten, seine Spendierhose sitzt wie jedes Wochenende extrem locker. Sein ganzes Leben ist darauf ausgerichtet, dem anderen Geschlecht zu gefallen. Viermal in der Woche geht er zum Sport, sein Kleiderschrank beherbergt die prachtvollsten Klamotten. Sein Geld steckt er in seinen Sportwagen, sein Leben ist auf, jagt ausgerichtet. Seine Zähne sind weißer als die eines Haies. Frauen sind für ihn nur eine Kerbe.
Als es um sein Leben rennt, geht er den Abend im Kopf durch. Was hatte er falsch gemacht? Warum tat sie es? Sie war so schön und zierlich. Er ist doch nur ein Mann.
Sie war die bittersüße Verführung. Sie war so schön, doch jetzt muss er sterben, das Leben verlässt seinen Körper, je weiter er rennt. Ihr Geruch war so süß wie ihr Äußeres. Warum? Schwebt ihm wie ein letztes Echo immer wieder durch den Kopf. Seine teuren Klamotten sind Blut durchtränkt, seine Haut ist blass. Er wollte sie als Trophäe, er wollte ihren Körper.
Bald ist er tot. Seine Blutspur ist lesbar wie ein offenes Buch. Die Erschöpfung zwingt ihn zu Boden, der Blutverlust schwächt ihn, ihm wird immer schwärzer vor Augen. In der Ferne sieht er die Lichter der Zivilisation. Die Rettung ist unendlich weit entfernt. Nur noch der Kuss des Todes kann ihn erlösen.
In dieser Nacht wollte er jagen, aber in dieser Nacht wurde er zum Gejagten.
Er schaut hinter sich und erkennt eine zierliche Silhouette. Es ist der Tod, es ist die Jägerin. Verschwommen nimmt er sie wahr. Er spürt einen Druck in der Brust und einen Kuss, bevor er stirbt.
Sein lebloser Körper wird drei Tage, nachdem er getötet wurde, entdeckt. Sein Körper wurde ausgestopft, dass Einzige, was auf den Täter hinweist, ist der Kuss-Fleck auf seiner Wange.

Weidmannsheil.

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Prosa

Verlorene Sieger

Sie wollen marschieren, wie ihre Vorfahren, sie wollen von dem Kelch trinken, den es nie gegeben hat.
Blut für Wein. Sie laben sich an der Gewalt wie hungernde an einem Laib Brot. Lassen Bomben fallen und liebliche Stimmen verstummen. Sie lächeln beim Verkaufen ihrer Waffen, während andere die Kugeln entfernen und ihnen nichts weiter bleibt, außer zu weinen, bis die Augen vertrocknen. Schritt für Schritt in Richtung Feuer, begleitet von den Todesreitern, die ihre Fahne in den Himmel halten, laufen sie wie Lemminge über die Klippen der Welt, nur um nicht daraus zu lernen, dass es in der Natur der Lemminge liegt, sich freiwillig in den Tod zu stürzen.

Der individuelle Geist wird zum Kampf gezwungen, auf dass er nicht von der Masse absorbiert wird. Die Selbstdarstellung wird zur Selbstverteidigung nicht denken, aber umso mehr sein. Sie denken nicht an diejenigen, die in Ketten nach dem Leben schmachten, stattdessen spucken sie mit voller Überzeugung auf die Freiheit.

Sie lieben die jagt und hassen die Vernunft. Mit ihren teuren Stiefeln treten sie nach der freien Kultur und am Abend gibt es feinstes Fleisch.

Keine Zahl der Welt kann ein Menschenleben bemessen, für Euch jedoch sind wir null wert.

Marschiere Kind, marschiere, schreit der alte, vernarbte Mann, während er sein Gewehr poliert, denn das saubere Töten ist das respektvolle Töten, predigt er, als er nach der Flasche greift. Sein Schaukelstuhl knarrt, während die Jugend stirbt.

Marschieren in den Tod! Marschiere! Sie glauben Kriege zu gewinnen, jedoch sind ihre Seelen schon längst verloren. Wie totes verdorbenes Fleisch liegen die Seelen auf den Schlachtfeldern, das einst mal ihr Zuhause war, und verrotten vor sich hin. Auf das ihre Ideologie sterben mag, wie die Opfer, die sie eingefordert hat. Aber solang der alte Mann sein Gewehr noch poliert, wird die Jugend in den Kampf ziehen. Solang man den Hass weitergibt, gibt man die Zukunft auf.

Sie denken, sie wären Sieger. NEIN, sie sind Verlierer. Sie verloren sich bereits vor dem großen Schlachten.

Altruismus ist kein Traum.

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Kurzgeschichten

Fenster

Ich schaue aus dem Fenster in die Nacht. Nur die Laternen und die Straßen.
Sterne hell wie Glühwürmchen erinnern uns daran, wie winzig wir doch sind.
Baumkronen tanzen im warmen Nachtwind. Insekten fliegen aufgeregt um das Licht der Laternen.
Die Hektik vom Tage verstummt in der schwarzen Nacht. Vom Zwielicht fehlt jede Spur. Es riecht nach Teer und Erde. Die Wärme der Sonne ist noch auf den Straßen spürbar. Die Vögel schlafen ihren wohlverdienten Schlaf.
Eine einsame Katze geht auf Patrouille und flitzt auf leichten Pfoten durch die Lichtkegel der Laternen.
Sie und die Nacht und nur der große gelbe Mond wissen, was geschieht. Er wacht über uns. Er wacht über alle.

In der Nacht fängt das Denken an. Sprich zu mir, du süße Stille. Verrate mir die Geheimnisse der Nacht. Während mir die Sonne am Tag ins Gesicht schlägt, lächelt der Mond mich in der Nacht an.
Wer meint, die Nacht sei still und leise, der hört nicht hin. Sie singt uns ein Lied, das Lied der Stille. Nur dort, wo es Licht gibt, kann es auch Schatten geben.
In der Nacht sehen die Augen am schärfsten. Schatten sehe ich nicht.
Der Tag ruft, die Nacht, singt und ich bleibe ihr stiller Zuhörer.
Während ich diese Sätze ohne Struktur aneinanderreihe, ist es Nacht. Wenn ich träume, ist es Nacht. Selbst die Toten leben in der Nacht. Am Tag dienst du deinen Heeren, in der Nacht dienst du dir selbst. Das Laute wird stumm und das Stumme wird laut, aber man muss genau hinhören, sonst hört man den Zauber nicht.

Hast du Angst in der Nacht? Fürchte dich mehr vor dem Licht als vor den Wesen der Nacht. In der Nacht wird Geschichte gemacht.
Die schönsten Kunstwerke entstanden in der Nacht.
Ich atme dich ein und sauge die Atmosphäre auf.
Ich weiß, dass ich nachts nicht alleine bin, die Nacht ist freundlich. Die Nacht ist die verbotene Frucht. In der Nacht lieben wir am ehrlichsten.

Ich stehe am Fenster und schaue der Katze dabei zu, wie sie frei durch die Nacht streift, bis sie im Dunkeln verschwindet. Und somit verschwinde auch ich.

Ich wünsche eine gute Nacht

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Geistiges-Gedönse

Zwischen Nannie und Capital Bra

Sie reden mit Engelszungen auf ihre 14-jährige Tochter ein und Sie bekommen ein kaltes, abweisendes Schulterzucken zurück. Kennen Sie das?

Liebe Leserinnen und Leser

Diese Kolumne geht an die Mamas und Papas. An die Liebenden, Geldquellen. Wir sind uns einig, wir lieben unsere kleinen aber … (ich mag Kinder, ABER…), sie können ab einem gewissen Alter zum Kotzen werden. Ich weiß, dieses Thema ist so Alt wie die Pubertät selbst.
Wir als Eltern, als Geldquellen werden, wenn das Kind ein gewisses Alter erreicht hat, in den Hintergrund verfrachtet. Wir werden zu anonyme Geldspender, #Zwangsgebühren. Ja, wir Eltern können auch sehr anstrengend sein, wir nörgeln, fordern, erinnern, wir stellen zu viele Fragen, wir sind halt NUR Mamas und Papas.
Ja, vielleicht gehöre ich zu den Vätern, die sich schwer daran gewöhnen können, dass der kleine Engel auf einmal zu einer Fledermaus mutiert, die sich in ihre Höhle verkriecht und kopfüber von der Decke hängt. Manchmal fühle ich mich wie ein dummer Barkeeper, schüttel ich oder rühre ich den Gefühlscocktail falsch, ist der Drink ungenießbar, und ja, die Analogie ist dumm.
Schwer daran zu gewöhnen, ist, dass langsam das Zeitalter des Streitens beginnt, ein Zeitalter, vor dem sich viele Eltern fürchten und es glaube ich, nicht gerne ansprechen. Wir rühmen uns, wenn die Kinder brav und anständig sind, wenn sie erfolgreich werden oder überall beliebt sind, doch ticken sie mal aus, lehnen einen ab, sagen mal Nein oder gehorchen nicht aufs Wort, dann sind wir still, das ist uns peinlich. Das Gefühl der Machtlosigkeit führt uns ins Vergessen. Wir sehen lieber über Sachen hinweg, anstatt die Konfrontation einzugehen. (Das ist UNSER Problem).
Ich bin 37 Jahre alt und ich muss gestehen, dass ich die Veränderung der Zeit am eigenen Leib spüre. Es hat sich vieles verändert, Handys, Konsumverhalten, Medien, Schule, allein der Umgang mit anderen Eltern ist schwerer geworden. Die WhatsApp-Elterngruppe sind die Hölle. Die Faktoren haben sich verändert. Doch muss ich einen Helikopter Landeplatz anlegen, um ein guter Papa zu sein oder lass ich den dingen einfach mal freien lauf?
Was fest steht, ist, das Pubertier ist ein Monster! Damit meine ich nicht den Menschen, sondern das dunkle, kraftraubende Wesen in ihr. Uns ist meistens nicht so bewusst, dass die kleinen Heranwachsenden, mehr mit diesem Wesen in sich zu kämpfen haben als wir. Wir haben einfach vergessen wie es ist, wenn nicht die Welt sich um einen verändert, sondern, wenn wir uns verändern. Trotz aller Schwierigkeiten gibt es auch das Gute, das Überragende. Klar sind unsere Engelchen wahnsinnig geworden, aber sie durchleben einen Prozess. Und das macht sie reifer als mancher Erwachsener. Jeden Tag eine andere Laune, das nenn ich Entwicklung und Entwicklung ist Fortschritt und den Fortschritt begrüßen wir ja bei unseren Kindern, oder? Sie lernen das Wort „Nein“ zu benutzen, zuerst benutzen Sie es inflationär und das ist auch gut so, am Anfang war das Wort. Die Abnabelung ist schmerzhaft, aber nötig. Das Schwierige ist nicht, es zu erkennen, sondern damit umzugehen. Keiner ist perfekt, nicht das Kind und Mama und Papa schon mal erst recht nicht. Vielleicht sollten wir ebenfalls den Mut zu Veränderung aufbringen. Vielleicht sollten wir viel mehr hinsehen, zuhören und sie nicht in Schubladen stecken.

Für mich habe ich beschlossen, keinen Helikopterlandeplatz zu installieren, im Gegenteil, ich sollte mehr Platz schaffen. Platz für die Entwicklung, einen Platz für den Charakter, je mehr der Mensch sich erfährt, umso schneller findet er zu sich.

Glauben Sie an sich, vor allem glauben Sie an ihr Kind/Pubertier.

Vielen Dank

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Geistiges-Gedönse

Ach, Mütter

Ach, Mütter!

Mütter! Jeder kennt sie, die meisten haben eine und es soll sogar ganz verrückte Draufgänger geben, die mit welchen verheiratet sind. Mütter sind nach der Geburt einfach unvermeidlich. Es werden Lieder über sie gesungen, Gedichte geschrieben sogar Abhandlungen verfasst.
Mütter! Sie gelten als Quelle des Lebens. Die Antike schrieb epische Erzählungen über sie, sogar ein kleiner Junge namens Heinchen brachte eine gesamte Generation von Müttern zum Weinen.
Mütter! Der strafende Blick einer Mutter kann tiefer treffen als 10 Jahre Haft, dagegen kann der warme Blick einer Mutter tröstender sein als 10 Flaschen pfälzischer Wein.

Nirgends schmeckt es so wie bei Mutti, eine Mutter hat für jede Wunde eine Heilung, der Himmel ist zu den Füßen der Mütter, eine Mutter dies eine Mutter das. Es ist schon was Wahres dran, wenn man sagt: Es gibt nur eine ganz selbstlose, ganz reine, ganz göttliche Liebe. Und das ist die Liebe der Mutter für ihr Kind.
Bitte nicht falsch verstehen. Mein Protest richtet sich auf keinen Fall gegen die Liebe einer Mutter. Er richtet sich viel mehr gegen die Dialektik.
Von, Mann kann nicht alles haben! Bis zu das Händchen, was die Mutter schlägt, wird abgesägt, ist die Dialektik von Müttern alles andere als poetisch.
Mit einer Mutter diskutiert man nicht, einer Mutter hört man nur zu. Punkt!
Ich stelle mir gerade vor, wie Catharina Elisabeth Goethe vor ihrem Sohn stand und sie ihm mit den Worten verfluchte, wenn Du mal Kinder hast, wünsche ich, die werden genau so anstrengend wie Du!
Oder wie Magda Goebbels ihren Kindern sagte „Man kann nicht alles habe! Gute Nacht!“
Aber mal im Ernst, Mütter sind was Feines. Ich bin froh, eine zu haben. Sie zeigte mir die Literatur, viel schöne Plätze der Welt und vor allem den Respekt vor anderen Menschen. Sie kümmert sich bis heute noch rührend um alle, die ihr am Herzen liegen sie hat für Dummheit kein offenes Ohr und beklagt sich nie, selbst wenn die Welt in Flammen stehen würde, oder Zahnschmerzen aus der Hölle hat.
Ist das Prinzip Mutter also ein liebevolles Klischee?
Werfen wir einen Blick auf das Klischee Checkliste.

Klischee Checkliste:
Deine Mutter macht sich genauso Sorgen, wenn du krank bist, wie damals, als du noch klein warst? Check!

Deine Mutter sagt, obwohl du schon seit 23 Jahren aus der Schule raus bist „Es wird Zeit, das die Schule wieder losgeht!“ Check!

Deine Mutter zweckentfremdet Taschentücher zu ihren persönlichen Trophäen und versteckt sie – wie Katzen ihre Beute – in den dunkelsten Ecken? Check

Die Süßigkeiten, die sie in den Schubladen versteckt sind für die Kinder, auch wenn diese bereits über 30 sind? Check!

Deine Mutter ist perfekt in Ferndiagnostik, aber selber geht sie ungern zum Arzt? Check!

Deine Mutter hat immer ein offenes Ohr für dich, wenn Du eines brauchst? Check!

Deine Mutter sieht keine Schwächen, sondern eine Persönlichkeit? Check!

Egal was du sagst oder tust, geduldig steht deine Mutter hinter dir? Check!

Empirisch wurde hier nun da gelegt, dass sich das Gerücht heißt Mutter sein ein liebevolles Klischee zu sein?, auf Tatsachen beruft! Check!

Bertholdt Brecht erschuf die Mutter Courage und ihre Kinder.
Norman Bates mochte seine Mutter so sehr, dass er sie selbst nach ihrem tot nicht loslassen konnte.
Selbst Bernhard-Viktor Christoph-Carl von Bülow sah das komödiantische Potenzial einer Mutter und schuf daraus einen Klassiker namens Ödipussi.
Freud verdrängen wir mal bei der ganzen Debatte.

Mütter! Mütter sind das Bindeglied zwischen Vergangenheit und Zukunft. Der Vermittler von Vernunft und Gefühl. Der Leitfaden von Recht und Unrecht.
So wie der Vater für alles Schlechte aus der alten Welt steht, so steht die Mutter für alles Gute in dieser Welt.
Mütter! Mütter sprechen eine universelle Sprache. Auch wenn es sich in den meisten Fällen um ein schlichtes „Ach“ handelt.

Kurze Parenthese: Es handelt sich bei dem Wort „Ach“ um eine primäre Interjektion, was nichts anderes bedeutet als Naturlaute. Parenthesen Ende.

Also ist das „Ach“ einer Mutter die ehrlichste Form der Kritik und der Zuneigung. Dieser Naturlaut „Ach“ kommt vom Herzen. Ich kann mir gut vorstellen, dass der erste Naturlaut das „Ach“ einer Steinzeit-Mutter war. Davon bin ich zu 100% überzeugt.
Aber Bitte nicht falsch verstehen, das „Ach“ einer Mutter kann dennoch vernichtend sein. Aber in den meisten Fällen ist das „Ach“ einer Mutter nur ein „Ach“ einer Mutter. Ich würde es vermissen, wenn ich keines mehr hören würde. Stundenlang könnte ich noch weiter über das Prinzip Mutter referieren, aber ich schau auf die Uhr und denke „Ach schon so spät?“. Ich weiß zwar nicht was der Plural von „Ach“ ist, aber ich hoffe, ich werde noch Milliarden „Achs“ von meiner Mutter hören dürfen.

Ach, Mütter! Eure Dialektik ist ja doch nicht so schrecklich. So poetisch wie Ihr könnte ich niemals im Leben ein „Ach“ aussprechen. Uns Kindern bleibt nur noch das Wort „Danke“ übrig. „Danke“. „Danke für dein Ach“.

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Kurzgeschichten

Der Rhein bei Nacht

Und wieder schwimmt dort einer!
Die Rotorblätter knallen durch die stille Nacht. Die Suchscheinwerfer durchdringen die Dunkelheit.
Schreie schallen von einem Ufer zum anderem.
Sie brüllen einen Namen, den man irgendwann vergessen wird.
Boote brechen durch die Strömung.
Männer in Neonfarben versuchen in der Dunkelheit zu sehen.
Doch die Nacht hält ihn fest in ihre dunklen Arme. Nur die Nacht weiß was sein letzter Gedanke war. Sie wissen nicht, dass es bereits zu spät ist. Die Suche wird eingestellt. Die Rufe bleiben unbeantwortet.
Der leblose Körper treibt im Strom.
Die Rotorblätter werden leiser, die Dunkelheit erobert die Stille zurück.
Hilfe kam, sie kam, jedoch zu spät.
Die Strömung zieht ihn mit.
Wohin?
Das weiß man nicht. Was bleiben wird, ist trauer und ein Bericht.
Hilfe, schrie er noch, bis die Strömung ihn packte und in die Nacht zog. Er kämpfte und kämpfte, jedoch war der strömende Fluss stärker.
Nun treibt er mit dem Gesicht nach unten den Rhein entlang.
Alles, was man sagen wird, wenn man ihn findet, ist „Und wieder schwimmt dort einer“.

ENDE

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Geistiges-Gedönse

Ich will schreiben!

Wenn ich schreibe, bin ich nicht da.
Ich bin da, wo ich mich haben möchte. Ich bin der, der ich sein möchte.
Meine Augen sind gelangweilt, ich will aus fremden Augen schauen. Auch wenn viele glücklich ihr Leben leben, schau ich in viele tote Augen. Selbst durch diese Augen würde ich gerne sehen.
Schreiben heißt, sehen und nicht da sein. Niemals zufrieden zu sein ist ein Antrieb. Es besser zu machen ist keine Lebenseinstellung, nur ein dienliches Werkzeug. Vor allem ein Werkzeug.
Die Neugier schwebt über Dir wie ein Vorgesetzter. Als Schriftsteller bist du Diener der Geschichte.
Schreiben heißt eine Sehnsucht zu stillen. Die Sehnsucht nach mehr.
Ja, ich bin arrogant und will ein Werk nach dem anderen schaffen, bis ich leer oder tot bin. Ich will Glück und Elend auf Papier konservieren. Ich will sehen, was andere sehen, erst dann kann ich erkennen und verstehen, dass es nicht nur eine Welt gibt.
Für mich wird das Fiktive zur Realität und die Realität zum Fiktiven. Schreiben heißt den Kopf sehen lassen.
Lektorieren ist wie der Tod, jeder hat Angst davor, er ist aber wichtig.
Die Regel ist wie eine Diktatur, sie dient nur dem, der was davon hat.
Kunst und Markt verhalten sich wie Katz und Maus und in allen Fällen verliert die Maus.
Ich will nicht das sein, was auf euerm Ethiktiergerät steht.
Ich will auf Drachen fliegen, nach Schätze suchen, den Mörder finden, den Schurken erlegen, die Prinzessin retten, die Reise begehen, das Böse vernichten, das Gute jagen, ich will frei sein, ich muss schreiben.
Die Orientierung an dem Markt ist eine Kastration der Kunst. Die Kunst wehrt sich, sie spuckt auf diejenigen, die sie zur stille zwingen. Regierungen fallen, während die Kunst dagegen bestehen bleibt.
Schmeißt sie ins Feuer, vergrabt sie, werft sie ins Meer, die Kunst kommt immer wieder zurück.
Alles muss sich nur verkaufen, wie Rauch verpufft alles im Nichts, was bleibt, ist die Rechnung.
Also was soll ich weiter schreiben, außer dass ich schreiben will.

Ich will schreiben.

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Kurzgeschichten

Der Waldweg

Die Bäume um ihm herum und der steinige Pfad, auf dem er wanderte, wiesen ihm den Weg, doch wohin war ihm nicht klar.
Vom Nichts getrieben setzte er einen Fuß nach dem anderen, nur die Bewohner des Waldes nahmen seine Anwesenheit wahr. Seine Gedanken strömten wie ein Fluss, seine Beine trugen ihn wie Säulen, er atmete ein und war der Natur näher als je zuvor in seinem Leben. Er lauschte den friedlichen Klang der Natur, als er den Weg immer tiefer in den Wald hinein wanderte. Das Eichhörnchen beurteilte jeden seiner Schritte, der Specht pausierte seine harte Arbeit und der Fuchs gab wie immer acht. Insekten tanzten wie kleine Feen um das saftige Grün, der Wind streichelte die Bäume, die Sonne schien sanft durch die Baumkronen und der Wanderer atmete aus vor Glück. Ihm gingen keinerlei Gedanken durch den Kopf, viel mehr waren es Bilder. Szenen des Glücks. Er fühlte, wie schön das Leben sein konnte, wenn man der Natur einfach mal nur zuhörte.
Die kleinen Steine unter seinen Schuhen knirschten im Rhythmus seiner Schritte. Das Ziel war die Ziellosigkeit, er erinnerte sich, um zu vergessen. Die Umgebung half ihm dabei, die Schritte hinter ihm wurden leiser. Nie konnte er der Angst sagen, wer er ist, aber er wollte nicht vor ihr wegrenne, er wollte Stolz weiter gehen. Er schöpfte aus der Schönheit der Natur seine Kraft. Keine Mächtigen, kein Gott gab ihm den Mut, weiter zu gehen, nur die reine Schönheit der Natur gab ihm in diesem Moment den Halt, wonach er sich immer gesehnt hatte. Sein ganzes Leben lang hatte er Angst vor der Stille, vor der Stille in seinem Kopf, aber die Waldbewohner nahmen ihm diese Angst. Er war das erste Mal im Leben furchtlos.
Auch wenn die Schritte hinter ihm immer leiser wurden, war da wieder für einen kurzen Moment die Unsicherheit, die Angst, der Eindringling in seinem Jetzt jagte ihn und ließ nicht von ihm ab. Also ging er weiter, immer weiter in den tiefen Wald hinein und er lächelte. Am Wegesrand taten sich eine Vielzahl an schönsten Blumen nebeneinander auf, Buschwindröschen, Maiglöckchen, Waldsauerklee und anderes Grün schmückten den Wegesrand in frohen, bunten Farben. Die Baumkronen gaben dem Frühlingswind leicht nach und bogen sich im Wind wie eine Wiege. Insekten tanzten um das Grün in den Lichtstrahlen der Sonne und hauchten dem Wald Leben ein.
Er setzte einen Schritt nach dem anderen, er hatte nicht vor, in der nächsten Zeit stehen zu bleiben. Vom Nichts getrieben ließ er die Schritte hinter sich immer leiser werden. Er wollte seinen Kopf nicht umdrehen, um nachzuschauen, wer oder was hinter ihm mitwanderte. War es ein anderer Wanderer, war es seine Angst oder seine Zukunft? Glück, Angst, Unsicherheit bei jedem Schritt, den er tat, wechselten sich seine Emotionen ab, aber Hauptsache die Schritte hinter ihm wurden, auch wenn nur für kurze Zeit leiser. Die Vergangenheit machte ihn glücklich, die Zukunft jagte ihm Furcht ein. Jedes Mal, wenn die Furcht ihn einholen wollte, rettete er sich in die Schönheit des Waldes, immer weiter auf den steinigen Waldweg. Zeit spielte schon längst keine Rolle mehr in seinem Leben, nach dem Anruf tickte seine Uhr anders als bei anderen. Der kühle Wind, der durch die Bäume wie ein Geist zwischen den Stämmen zog, kühlte seine mit kleinen Schweißperlen besetzte Stirn, und jedes Mal, wenn der Wind seine Stirn traf, schloss er die Augen, und dann dachte er sich.
So ergibt es Sinn.
Wie lange er auf den Pfad bereits wanderte, wusste er nicht, es spielte keine Rolle, für ihn fühlte es sich sowieso ewig an. Je tiefer er in den Wald zog und je dichter die Bäume aneinander standen, umso lauter wurden die Schritte hinter ihm. Sie wurden lauter und lauter, aber umdrehen kam nicht infrage.
Nach unzähligen Schritten bemerkte er ein Plätschern, eine Quelle des Lebens verlief neben dem Waldweg, die aus einer winzigen Quelle entsprang, bis sie als Bach den Weg traf und sich dem Pfad anschmiegte, wie ein Vertrauter. So wie der Bach floss und immer nach vorne strömte, so ging der Wanderer auch immer weiter nach vorne. Wie ein Teppich aus kleinsten Juwelen glitzerte das Wasser in der Sonne. So schön spielte das Bächlein seine Melodie und brachte die Perfektion zu Vollendung, dachte er sich. Nun schien es, waren sie zu dritt. Der Weg, der Bach und er, und hinter ihm kamen die Schritte, die immer näher kamen. Er tat es dem Bächlein gleich und strömte immer weiter und weiter, in Richtung Herz des Waldes. Auch wenn er sich beim Wandern in Glück wiegte, dachte er oft über diesen Anruf nach, und was es mit ihm gemacht hatte. Wie wird die Zukunft, gibt es überhaupt eine Zukunft für ihn? Worte, Worte, Worte, er musste immer so viele Worte ertragen, sodass er die Stille mittlerweile für einen himmlischen Zustand hielt. Der Weg, der Bach und er, und hinter ihm die Schritte. Die Glückseligkeit ist zum Greifen, aber die Schritte machten ihn nervös. Egal was auch passieren sollte, er nahm sich vor nicht zurück zuschauen, auch wenn die Schritte ihn fast eingeholt hatten. Er blickte auf eine Vergangenheit zurück, die außer einigen Tiefen so friedlich wie der Waldweg, auf dem er wanderte, gewesen war. Sein Blick wanderte durch die Baumkronen. Leichte Sonnenstrahlen drangen durch die dicke Blätterdecke und tauchte den Wald in sanftes Licht. Moos wuchs am Ufer des Bächleins und der Geruch von feuchte Moos drang in seine Nase und tröstete ihn wie eine vertraute Erinnerung aus jenen Tagen. Das Schauspiel des Waldes ließ ihm die Schritte, die sich bedrohlich näherten, für einen Bruchteil vergessen. Ein Lächeln schmückte sein Gesicht und er lief und lief, weil er es noch konnte.
Irgendwann trennte sich der Bach von ihm und dem Weg, sie waren wieder zu zweit und der Verfolger hielt Schritt. Sein Zeitgefühl war nun mit der Unendlichkeit verschmolzen. Mitten im paradiesischen Wald tat sich eine Lichtung auf, mittig befand sich ein kristallklarer See, der ihn wie eine Oase begrüßte und zum Verweilen einlud. Es war ein kleiner, aber bildschöner See. Das Wasser war glatt wie Eis, Fische schwammen ihre Bahnen, die Waldbewohner lebten in seliger Symbiose mit dem See und dem Wald. Er dachte sich, es muss der See sein, der alle Dichter inspiriert haben musste, es war der See, der die Definition Schönheit prägte, es war der See, der den himmlischen Frieden auf Erden holte. Schmetterlinge flogen am Ufer umher, Libellen patrouillierten über der ruhigen Wasseroberfläche, Wasserläufer glitten munter hin und her, der Froschchor am Ufer quakte unaufhaltsam, die Vögel stiegen im Chor mit ein, er vergaß alles, er war endlich angekommen. Als der Wanderer sich in das Gras setzte und seine Augen nicht von dem See abwenden konnte, fühlte er die Sonne auf seiner Haut, die die Schweißperlen trocknete und er lächelt zurück. Jetzt war es ihm egal, dass die Schritte, die ihm seit dem Anfang seiner Wanderung begleiteten, immer lauter wurden. Es schien, als wäre sein stiller Begleiter auch an seinem Ziel angekommen, denn er hörte, wie die Schritte hinter ihm plötzlich verstummten, jedoch wendete er seinen Blick nicht vom See ab. Als er kurz seine Augen schloss, um die Sonnenstrahlen aufzunehmen, spürte er eine Hand, die seine Schulter sanft berührte. Er erschrak nicht, im Gegenteil, er hatte darauf gewartet, dass die Hand eines Tages nach seiner Schulter greifen würden. Ein Lächeln, ein erleichterndes Aufatmen und dann war er bereit, sich umzudrehen, um seinen Begleiter in die Augen schauen zu können. Endlich konnte er sich freuen in die Augen seines Verfolgers zu blicken, denn eins wusste er, er würde ein Teil des Waldes werde.

ENDE